Gesetzgebung CH

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Das heutige Recht im Chemikalien-, Lebensmittel-, Umwelt- und Heilmittelbereich gilt auch für Nanomaterialien. Nanospezifische Vorschriften kommen aber nur teilweise vor und die Regulierungsvorschriften zu Nanomaterialien sind in verschiedene Gesetzen und Verordnungen verstreut. Bild: edi.admin.ch  

Wie im zweiten Bericht zum Aktionsplan Nanotechnologie aufgeführt, strebt der Bundesrat eine Rechtsetzung der Nanotechnologie in bestehenden Gesetzen und Verordnungen an. In der Folge sollen synthetische Nanomaterialien unter den Geltungsbereich verschiedenster Gesetze und Verordnungen fallen und es gelten je nach Anwendung die bereits bestehenden Produkteregelungen des Chemikalien-, Lebensmittel- und Arzneimittelrechts implizit auch für Nanomaterialien. Auch die Regelung von Emissionen, Immissionen, Vorschriften zum Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, zur Störfallvorsorge oder zu Abfällen sollen in bestehenden Vorschriften Anwendung finden.

  • InfoNano, die zentrale Informationsstelle des Bundes zur Nanotechnologie, gibt einen aktuellen Überblick zur Gesetzgebung zur Nanotechnologie in der Schweiz.
  • BAG: Geltendes Recht

Unter InfoNano ist auch eine Liste zu finden, die eine Übersicht der wichtigsten gesetzlichen Vorschriften, die bei der Herstellung, dem Transport, dem Gebrauch und der Entsorgung von Nanomaterialen beachtet werden müssen. Dort sind auch alle Gesetze und Verordnungen abrufbar.

In den Schlussfolgerungen des zweiten Berichts zum Aktionsplan Synthetische Nanomaterialien wird eingestanden, dass es noch regulatorische Lücken gibt, das heisst der gesetzgeberische Umgang ist komplexer als ursprünglich angenommen.

Tatsächlich sind die regulatorischen Lücken heute beträchtlich. Die Rechtssetzung in der EU zum Umgang mit Nanomaterialien hat eine beachtliche Dynamik erreicht. Es besteht heute Bedarf, dass die Schweiz die regulatorischen Entwicklungen in der EU inhaltlich nah und zeitgleich nachvollzieht. Allerdings geht zurzeit auch die EU den Weg der Implementierung in bestehende Gesetzesvorschriften. Es resultiert ein zersplittertes Regelwerk, welches spezifische Sicherheitsvorkehrungen für Nanomaterialien nicht vereinheitlicht.

Die fragmentierte Rechtssetzung in bestehenden Gesetzen und die behördliche Unterstützung der Eigenverantwortung der Hersteller sind ungenügend. Nanomaterialien sollten einem nanospezifischen Regelungsrahmen unterliegen, der sich dem Vorsorgeprinzip verpflichtet. Dazu gehört ein behördliches Zulassungsverfahren für die Hersteller und Importeure. Idealerweise wären sämtliche Regulierungsmassnahmen in einem eigenständigen Nanotechnologiegesetz geregelt bzw. mindestens Teile der Nanotechnologien, so vor allem verbrauchernahe nanotechnologische Entwicklungen und deren Produkte.

 


Laufende Entwicklungen

September 2020

Der Bundesrat nimmt den Schlussbericht des Aktionesplanes "Synthetische Nanomaterialien" (2008-2019) zur Kenntnis.

Februar 2016

Laut dem Zweiten Bericht sollen die Arbeiten zur Umsetzung des Aktionsplans bis 2019 fortgeführt werden. Dies weil per 2018 in der EU die REACH-Verordnung revidiert wird und besondere Anforderungen an Nanomaterialien aufgenommen werden sollen. Die zuständigen Bundesstellen werden dem Bundesrat spätestens Ende 2018 erneut über den Stand der Umsetzung berichten.


Rechtliche Grundlagen CH

Das Chemikaliengesetz (ChemG) und die Chemikalienverordnung (ChemV) haben unter anderem zum Ziel, die Gesundheit des Menschen vor schädlichen Einwirkungen durch Stoffe und Zubereitungen zu schützen. In der Chemikalienverordnung wird der Begriff Nanomaterial definiert. Stoffe und Zubereitungen, müssen innert drei Monaten nach dem erstmaligen Inverkehrbringen der Anmeldestelle gemeldet werden. Nanomaterialien werden für diese Anforderung explizit genannt. Es wird spezifisch für Nanomaterialien definiert, was der Inhalt der Meldung sein muss. Es müssen auch Angaben über die Zusammensetzung sowie, soweit vorhanden, die Oberflächenbeschichtung und die Oberflächenfunktionalisierung, die Teilchenform und die mittlere Korngrösse sowie, soweit vorhanden, die Anzahlgrössenverteilung, das spezifische Oberflächen-Volumen-Verhältnis und der Aggregationsstatus der Nanomaterialien angegeben werden.

Laut dem zweiten Bericht zum Aktionsplan muss bei der Beurteilung von Dossiers über Nanomaterialien, welche im Rahmen eines Anmelde- oder Zulassungsverfahrens eingereicht werden, fallweise entschieden werden, ob zusätzliche Daten oder Abklärungen für die Beurteilung der Risiken für Mensch und Umwelt nötig sind.

Laut dem zweiten Bericht wurde seit der Revision nur ein Nanomaterial als Neustoff angemeldet. Es wird eingestanden, dass viele Nanomaterialien Altstoffe sind, aus solchen bestehen oder von Herstellern als solche betrachtet werden. Es sind aber nur „gefährliche alte“ Stoffe bzw. als gefährlich eingestufte Zubereitungen meldepflichtig.

Der zweite Bericht hält fest, dass die revidierte Biozidprodukteverordnung die in der EU geltenden Zulassungsbestimmungen übernimmt. Die Anpassung an das EU-Recht wird aber nicht im Detail dargelegt. Die Angleichung an das EU Recht, welche die Zulassung, die vereinfachten Zulassungsverfahren, die Definition von Nanomaterial und die Kennzeichnung betrifft, ist zu begrüssen. Unzufriedenstellend ist, dass von den in der EU als Biozid klassifizierten „Altstoffen“ in der Schweiz bisher einzig amorphes Siliziumdioxid einer rechtlichen Zulassung untersteht. Nachdem gerade Nano-Silberverbindungen Bedenken bezüglich der Toxizität auslösen, ist es schwer verständlich, dass nanoskaliges Silber in Biozidprodukten nicht einem Zulassungsverfahren unterstellt wird.

In der Pflanzenschutzmittelverordnung enthält der Begriffsartikel keine Definition von Nanomaterial. Es werden lediglich Datenanforderungen für Nanomaterialien in Anhang 5 und Anhang 6 erwähnt. In Anhang 1 (Für die Verwendung in Pflanzenschutzmitteln genehmigte Wirkstoffe) sind keine Nanomaterialien zu finden. Zwar sind in Anhang 1 Aluminiumoxid und Siliziumoxid aufgeführt, es wird aber kein Bezug zu nanoskaligen Formen erwähnt. Nanoskaliges Aluminiumoxid und Siliziumoxid werden aber als Pflanzenschutzmittel seit längerem entwickelt. Ein Reviewartikel im Rahmen des NFP 64 mit einer Autorenschaft vom Agroscope Reckenholz-Tänikon und vom Bundesamt für Landwirtschaft betont in aller Deutlichkeit den Regulierungsbedarf. Angesichts der rasanten Entwicklungen von nanoskaligen Pflanzenschutzmitteln erscheint es angebracht, die Pflanzenschutzmittelverordnung bezüglich Zulassungskriterien und Kennzeichnung anzureichern.

Was die Verordnung über Unfallverhütung betrifft, muss festgestellt werden, dass weder in der Schweiz noch in der EU Nanomaterial-spezifische gesetzliche Grundlagen zur Arbeitsplatzsicherheit bestehen, sondern die Regulierung derjenigen von Chemikalien unterstellt ist. In der Schweiz ist die Verordnung über die Unfallverhütung (VUV) und in der EU die Richtlinie 98/24/EC massgebend. Sind Nanomaterialien an einem Arbeitsplatz gegenwärtig, so unterstehen sie diesen, auf Chemikalien ausgerichteten gesetzlichen Vorlagen. Der Mangel an spezifischer Rechtssetzung wird durch diverse Hilfsmittel zur Risikobeurteilung überbrückt. Nanomaterialien können aber völlig neuartige Eigenschaften entwickeln. Gewisse Nanomaterialien fallen ohne Zweifel unter die „gesundheitsgefährdenden Stoffe“. Deshalb sollte in der VUV – vergleichbar wie der explizit geregelte Schutz gegen gesundheitsgefährdende Strahlen oder die Regelung brandgefährlicher Flüssigkeiten – auch ein Artikel für spezifische Anforderungen zum Schutz der Arbeitnehmer gegen Nanomaterialien eingeführt werden.

Das Parlament hatte am 20. Juni 2014 ein neues Lebensmittelgesetz verabschiedet. Damit musste das Verordnungsrecht grundlegend überarbeitet werden. Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) schickte die neuen Verordnungen in die Anhörung, die bis Ende Oktober 2015 dauerte. Das gesamte Paket umfasst vier Verordnungen des Bundesrates, 22 Verordnungen des EDI sowie eine Verordnung des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Das neue Verordnungsrecht tritt voraussichtlich im ersten Halbjahr 2016 in Kraft.

In der Verordnung des EDI über kosmetische Mittel (VKos) wurde die Definition von „Nanomaterial“ unverändert aus der EU-Verordnung übernommen (VKos Artikel 2 Bst. i). Gemäss VKos Artikel 5, Absatz 6 sind bei kosmetischen Mitteln mit Nanomaterialien, die nicht in den Anhängen 3–6 der VKos aufgeführt sind, zusätzliche Informationen (Sicherheitsbericht) über das Nanomaterial erforderlich, um einen hohen Gesundheitsschutz gewährleisten zu können. VKos Artikel 7, der von begrenzt zulässigen Stoffen handelt, verweist in Absatz 3 auf die Einschränkungen für Stoffe in Form von Nanomaterialen: Stoffe, die in den Anhängen 3–6 aufgeführt sind, schliessen, ausser wenn ausdrücklich erwähnt, keine Nanomaterialien ein. In Anhang 10 zum Sicherheitsbericht für kosmetische Mittel wird zudem festgehalten, dass alle möglichen Folgen für das toxikologische Profil aufgrund von Partikelgrössen, einschliesslich Nanomaterialien besonders zu beachten sind. Kosmetika unterliegen künftig einem Täuschungsverbot. Das soll auch für Nanomaterialien gelten. Werbeaussagen, die nicht stimmen und somit täuschend sind, werden nicht mehr möglich sein. VKos Artikel 8, Absatz 1, Buchstabe e besagt, dass jeder Bestandteil des kosmetischen Mittels in Form eines Nanomaterials in der Liste der Bestandteile aufgeführt werden muss. Die in kosmetischen Mitteln zugelassenen UV-Filter sind in Anhang 6 der VKos aufgeführt. Anhang 6 übernimmt Änderungen des Europäischen Rechts, so auch Einträge zu Nanoformen. Es ist vorgesehen, die Einträge für Zinkoxid und Titandioxid in Nanoform an die EU- Verordnung anzupassen, sobald sie publiziert wird.

 

 

 

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