Gesetzgebung EU

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In der Europäischen Union unterstehen Nanomaterialien dem Geltungsbereich verschiedener Verordnungen und Richtlinien. Einige Verordnungen oder Richtlinien enthalten bereits nanospezifische Vorschriften. Bei anderen sind Änderungen in Diskussion.

 


Rechtliche Grundlagen EU

InfoNano, die zentrale Informationsstelle des Bundes zur Nanotechnologie, gibt einen aktuellen Überblick über die Gesetzgebung zur Nanotechnologie in der EU.

Wichtige Verordnungen und Richtlinien, deren Geltungsbereiche Nanomaterialien einschliessen, Bestimmungen zu Nanomaterialien enthalten oder bei denen nanospezifische Anpassungen in Vorbereitung sind (alle Links auf diese Verordnungen und Richtlinien können unter InfoNano abgerufen werden):

  • Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH)
  • Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen
  • Verordnung über Biozid-Produkte
  • Verordnung über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln
  • Verordnung über Lebensmittelzusatzstoffe
  • Verordnung über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten
  • Verordnung über Materialien und Gegenstände aus Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen
  • Verordnung über kosmetische Mittel
  • Verordnung zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur
  • Verordnung über Arzneimittel für neuartige Therapien
  • Richtlinie zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten.

Eine Webseite der EU befasst sich mit Fragen der Politik im Bereich der Nanotechnologie.

Die Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der EU-Kommission gibt einen Überblick zu EU-Richtlinien und Berichten zu Nanotechnologien oder Nanomaterialien.

 


Laufende Entwicklungen

November 2018

Steinhäuser et al. (2018) äussern sich in der Fachzeitschrift NanoImpact über die Verlässlichkeit von Methoden und Daten für die regulatorische Beurteilung von Risiken durch Nanomaterialien. Gemäss EU- und OECD-Mitgliedstaaten bestehe zunehmender Bedarf an Forschung mit Fokus auf potentielle Umwelt- und Gesundheitsrisiken. Entsprechend seien Förderungsgelder und Forschungsprogramme erweitert worden. Deren regulatorische Relevanz werde nun im Rahmen des Horizon 2020 ProSafe Projekts an die Hand genommen.

 Juli 2018

Die EFSA hat Leitlinien zur Bewertung der Sicherheit von Anwendungen der Nanotechnologie veröffentlicht. Die Leitlinien geben praktische Hinweise zu den erforderlichen Tests und den hierzu anwendbaren Methoden. Die Leitlinien umfassen Bereiche wie neuartige Lebensmittel (Novel Food), Lebensmittelkontaktmaterialien, Lebens- und Futtermittelzusatzstoffe sowie Pestizide und richten sich an alle interessierten Kreise wie insbesondere Risikobewerter, Risikomanager und Antragsteller.

Februar 2018 

Die 8. Generation der Forschungsrahmenprogramme der Europäischen Union trägt den Namen "Horizon 2020" und dauert von 2014 bis 2020. Im Rahmen von Horizon 2020 wurde ein neues Projekt zur Risikobeurteilung von Nanomaterialien mit Beteiligung der ETH/EMPA unter der Bezeichnung GRACIOUS gestartet. GRACIOUS soll wissenschaftliche Hypothesen untermauern, Wissen generieren und Daten zum Test von Hypothesen bereitstellen. Alle Bereiche der Risikobeurteilung sollen abgedeckt werden, so Umweltfreisetzungen und Exposition des Menschen, die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Nanomaterialien, deren Verhalten in der Umwelt und schliesslich die Toxizität für Mensch und Umwelt. Ziel ist die Verbesserung von Risikoanalysen und damit der Entscheidungsfindung für sichere Nanoprodukte. 

Januar 2018

Mit der Feststellung, dass die Unsicherheit im Umgang mit Risiken von Nanomaterialien auf die menschliche Gesundheit und Umwelt das innovative Potential von Nanomaterialien aufhalten würde, befassten sich Van Teunenbroek et al. (2017) mit der Frage nach einer effektiveren Regulierung von Nanomaterialien in der EU. EU-Programme hätten die EU-Regulierungsbemühungen (REACH) kritisch evaluiert, um die bestehenden Unsicherheiten zu reduzieren und die Regulierung zu verbessern. Die Anwendung von REACH würde aber komplex, zeitaufwändig und teuer bleiben. Die Autoren sehen zudem ein Problem für die Regulierung der nächsten Generation an Nanomaterialien. Der dynamische Charakter im Fortschritt der Nanotechnologie müsse durch die Regulierung erfasst werden können.

Januar 2018

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA hat eine öffentliche Anhörung zu einem Entwurf für eine Leitlinie zur Risikobeurteilung von Nanomaterialien in der Lebensmittel- und Futtermittelkette ausgeschrieben. Die Leitlinie soll Risikofragen zu neuartigen Lebensmitteln (novel foods), Lebensmittelkontaktmaterialien (Verpackungen), Lebensmittel- und Futtermittelzusätze sowie Pestizide abdecken. Dabei sollen neueste Erkenntnisse und Entwicklungen einbezogen werden, so beispielsweise zu nano-spezifischen Toxikologiestudien.

Dezember 2017

Meyer (2017) präsentiert im European Journal of Risk Regulation ein Buch über „Die EU und die Nanotechnologien“. Die Nanotechnologien sind nach Ansicht von Meyer die Speerspitze der globalen Wettbewerbsfähigkeit der EU (Horizon 2020 Rahmenprogramm). Doch es bleibt eine hohe Ungewissheit bezüglich des tatsächlichen Nutzens. Dies macht es nahezu unmöglich, die Konformität der Regulierungsbemühungen mit dem primären EU-Recht abschließend zu beurteilen (Vermeidung von Über- oder Unterregulierung). Das Buch gibt einen Überblick über den heutigen Stand der Regulierung.

September 2017

Die Schweiz setzt – wie auch die EU – auf die sektoralen Gesetzesanpassungen. Die ehemalige SAG Präsidentin Maya Graf hatte bereits 2015 mit einem Postulat vom Bundesrat gefordert, im Rahmen eines juristischen Gutachtens zu prüfen, ob zum Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten nicht die Notwendigkeit bestehe, ein eigenständiges Nanotechnologiegesetz im verbrauchernahen Bereich auszuarbeiten. Bundesrat und Parlament hatte dies jedoch ablehnt. In einer Publikation aus dem Jahre 2017 spricht sich Steffen Foss Hansen, Professor am dänischen Center for Nanotechnology NanoDTU, in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Nanotechnology“ ebenfalls für ein Regulierungswerkzeug spezifisch für synthetische Nanomaterialien aus. Hansen schlägt aufgrund der Schwierigkeiten, Nanomaterialien zu regulieren, ein neues gesetzgebendes Rahmenwerk vor, das direkt für Nanomaterialien zugeschnitten ist. Nach dem vorgeschlagenen Regelwerk, das sich am dänischen Inventar (The Nanodatabase) orientiert, müssen Hersteller und Importeure unter anderem ihre Nanomaterialien vor der Kommerzialisierung registrieren und zwar unabhängig von den Produktions- und Importmengen. Für Nanomaterialien, die bereits auf dem Markt sind, müssen sich die Hersteller und Importeure ebenfalls registrieren und die Anforderungen des Regelwerks innerhalb von sechs Monaten erfüllen. Die Definition für ein Nanomaterial muss bei >0.15% der Partikelgrössenverteilung liegen. Beim heute geltenden Anteil von 50% bestehe ein ernsthaftes Risiko, dass gewisse Nanomaterialien nicht abgedeckt seien.

März 2017

Die Kommerzialisierung von Produkten der Nanotechnologie bedingen ein Regulationssystem für die Erfassung von Umwelt-, Gesundheits- und weiteren Sicherheitsrisiken. Die Entwicklung von Konzepten, welche die Risikobeurteilung erleichtern, ist zu einem dynamischen Forschungsfeld herangewachsen. Hristozov et al. (2017) untersuchten in einem Reviewartikel die Rahmenbedingungen und die zur Verfügung stehenden Werkzeuge für die Risikobeurteilung von Nanomaterialien in der EU und in den USA. Die Werkzeuge wurden auf zahlreiche Kriterien geprüft (wie Einfachheit in der Anwendung, Bereitstellung quantitativer Information oder Hinweise auf Unsicherheiten in den Resultaten). Keines der verfügbaren Werkzeuge erfüllte sämtliche Kriterien. Hristozov et al. (2017) empfehlen deshalb, dass neue und umfassende Werkzeuge für die Risikobeurteilung von Nanomaterialien, welche alle Kriterien erfüllen, entwickelt werden sollten.

 Januar 2017

NANoREG ist ein gemeinsames europäisches Projekt zu synthetischen Nanomaterialien und wurde vom 7. EU-Forschungsrahmenprogramm finanziert. NANoREG evaluierte Daten und Prüfverfahren, um eine Grundlage für Gesetzgeber sowie weitere rechtliche Regulierungen anzubieten. Insgesamt soll ein Werkzeug zur Risikoabschätzung und zur Messung von Toxizität und Exposition technisch hergestellter Nanomaterialien entstehen. Langfristig sollen zudem neue Teststrategien entwickelt werden. Im September 2016 wurde das Projekt NanoReg2 gestartet und von Horizon 2020 finanziert, einem EU-Förderprogramm für Forschung und Innovation, das von 2014 bis 2020 laufen soll. Das Forschungsprojekt NanoReg2 baut auf dem Vorgängerprojekt NanoReg auf und befasst sich mit der Regulierung von neuen Nanomaterialien. Unter anderem soll das so genannte „Safe by Design“-Konzept als Grundlage bei der Entwicklung und Produktion von Nanomaterialien aufgebaut werden. Wie bereits NanoReg publiziert auch NanoReg2 Newsletters über den Fortgang der Arbeiten.

November 2016

Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hat ein erstes Nanobiozid bewilligt. Es handelt sich um synthetisches amorphes Siliziumdioxid für den Gebrauch in Insektiden, Akaraziden (Biozide zur Bekämpfung von Milben und Zecken) sowie für Produkte zur Kontrolle von anderen Arthropoden (Gliederfüsser wie Tausendfüsser, Krebstiere oder Spinnentiere). Der Bewilligungsentscheid beruhte auf einer Nanoform eines bereits bewilligten Nano-Siliziumdioxids, und es ging bei der neuen Bewilligung auch darum, eine Referenz von strukturellen Charakteristika von Nano-Siliziumdioxid zu finden, um die eine Nanoform von der anderen zu unterscheiden.

Juli 2016

Sodano et al. (2016) befassen sich in einem Artikel in der wissenschaftlichen Zeitschrift "Trends in Food Science & Technology" mit der Regulierung der Nanotechnologie bei Lebensmitteln in der EU. Die Autoren halten fest, dass Nano-Lebensmittel sowohl Gesundheits- wie auch Umweltrisiken bewirken können. Die Regulierung von Nano-Lebensmitteln in der EU sei noch immer schwach, was mit der neoliberalen Haltung der EU-Politik zu tun hätte. Es müssten aber direkte Regulierungen eingeführt werden, wie auch eine rechtsverbindliche Kennzeichnung und ein öffentliches Register von Produkten und Produzenten.

Juni 2016

Der so genannte Nano-Behördendialog ist eine internationale Plattform für Umwelt-, Gesundheits- und Arbeitsschutzbehörden aus Deutschland, Österreich, Liechtenstein und der Schweiz. Der 10. Internationale Nano-Behördendialog fand im Mai 2016 auf Einladung des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) in Bern statt. Gegen sechzig Vertreter befassten sich mit dem Thema der Regulierung von Nanomaterialien. Dabei wurde im Bereich des Umwelt-, des Verbraucher- und auch des Konsumentenschutzes klarer Handlungsbedarf identifiziert.

 

 

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