Lebensmittel

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Lebensmittel gehören zu den unverzichtbaren Lebensgrundlagen des Menschen. Die Aufnahme von Nahrung schafft einen direkten Kontakt von Stoffen mit dem menschlichen Körper, diese Stoffe dürfen daher keine Gesundheitsgefährdung auslösen.

Das Interesse der Lebensmittelindustrie an der Nanotechnologie ist gross. Bestehende Produkte und Prozesse sollen mit Nanoanwendungen verbessert werden. Es sollen aber auch neuartige Lebensmittelbestandteile geschaffen werden. Heute werden Nanomaterialien bereits direkt als Lebensmittelzusatzstoffe eingesetzt oder bei Lebensmittelverpackungen verwendet.

Experten sind sich einig, dass Nanomaterialien unerwünschte Wirkungen haben können. Es ist noch wenig über die Mengen an Nanomaterialien bekannt, denen die Konsumenten ausgesetzt sind (Exposition) und die möglichen Risiken sind wenig erforscht. Für die meisten Nanopartikel ist nicht klar, ob und wie sie im Körper aufgenommen, verteilt, verändert, angereichert oder ausgeschieden werden, und ob sie toxische Wirkungen unter den vorgegebenen Mengen auslösen.

Der Schweizer Gesetzgeber will die Nanotechnologie im bestehenden Recht mit Hilfe von Anpassungen in den entsprechenden Verordnungen regeln. Er setzt stark auf die Selbstkontrolle und auf die Eigenverantwortung der Hersteller. Nur in gewissen Fällen wird ein Bewilligungsverfahren verlangt. Eine Nano-Deklaration bei Lebensmitteln wird aktuell im Nachzug zur EU eingeführt.

 


Laufende Entwicklungen

April 2019

Titandioxid - auf den Etiketten mit E171 oder TiO2 gekennzeichnet - wird ab dem 1. Januar 2020 in Frankreich in Lebensmitteln verboten. Das nanoskalige E171 ist ein Lebensmittelzusatzstoff, der als Farbstoff für die weisse Farbgebung von Lebensmitteln dient, etwa zum Aufhellen von Süsswaren, Käse oder Saucen. Nanomaterialien werden in Lebensmittelzusatzstoffen unter der E171 (Titandioxid (TiO2)) und Nummer E551 (Siliziumdioxid (SiO2)) bereits seit vielen Jahren eingesetzt. Sie wurden bislang als unbedenklich eingestuft. Doch heute streitet die Wissenschaft darüber, wie gefährlich die nanoskaligen Teilchen in diesen Lebensmittelzusätzen tatsächlich sind. 

November 2018

Garcia et al. (2018) befassen sich mit Metalloxid-basierten Nanokompositen in Lebensmittelverpackungen. Die meisten Anwendungen von Nanomaterialien in Verpackungsmaterialien seien Nanosilber und so genannte Nanoclays (Nanoton). Aber auch andere Nanooxid-Partikel werden in Nanokompositen verwendet (zum Beispiel: Nanomaterialien eingebettet in Polymere). So würden Titandioxid-, Zinkoxid- und Kupferoxid-Nanopartikel antimikrobielle Eigenschaften in der Verpackung bewirken. Der Regulierungsrahmen für Nanomaterialien in Lebensmittelverpackungen sei aber nach wie vor unterentwickelt.

Juli 2018

Die EFSA hat Leitlinien zur Bewertung der Sicherheit von Anwendungen der Nanotechnologie veröffentlicht. Die Leitlinien geben praktische Hinweise zu den erforderlichen Tests und den hierzu anwendbaren Methoden. Die Leitlinien werden nun in einer Pilotphase erprobt, deren Abschluss für Ende 2019 vorgesehen ist. Ein zweites Leitliniendokument soll 2019 erarbeitet werden, dessen Schwerpunkt auf der Bewertung von Umweltrisiken durch Anwendungen der Nanotechnologie in der Lebens- und Futtermittelkette liegen wird.

Mai 2018

Westerband and Hicks (2018) untersuchten die Einwirkungen von Nanosilber-Polymer-Lebensmittelcontainern in ihrem Lebenszyklus. Sie stellen fest, dass heute weltweit vierhundert Tonnen Silbernanopartikel produziert werden. Mehr als 25 Prozent der Konsumentenprodukte, welche Nanomaterialien deklarieren, würden Nanosilber enthalten. Eine dieser Anwendungen seien Lebensmittelbehälter, bei denen die antibakterielle Eigenschaft von Nanosilber dazu verhelfen solle, dass die Frische der gelagerten Produkte verlängert wird. Studien hätten aber gezeigt, dass Silbernanopartikel aus den polymeren Nanokompositen in das Lebensmittel migrieren können, was sowohl für Umwelt wie Gesundheit Bedenken auslöse. 

Mai 2018

Belluco et al. (2018) berichten in einem Review-Artikel über den Stand der Anwendungen der Nanotechnologie in der Fleischkette. Sie halten fest, dass die Nanotechnologie gemäss mehreren Studien einen vielversprechenden potentiellen Nutzen in den Lebensmittelketten hätten, gleichzeitig aber auch das Potential zu Bedenken auslösen, da sich Nanomaterialien vom Anbau bis zum Teller in den Lebensmittelketten anreichern könnten. Der Nutzen reiche von der Futtermittelproduktion, der Analytik für den Schutz der Konsumenten bis zur Lebensmittelverpackung. Doch die hohe Variabilität von Nanomaterialien erschwere eine Bewertung von Forschungsresultaten. Sichere Anwendungen von Nanomaterialien in der Fleischindustrie würden weitere Forschung benötigen.

Juli 2017

Ein Übersichtsartikel von Störmer et al. (2017) befasst sich mit dem Migrationspotential von Nanopartikeln in Lebensmittel-Kontakt-Plastik als Verpackungsmaterial bzw. Küchenmaterial. Der Anlass zur Studie war der Trend des Einbaus von Nanomaterialien in Lebensmittel-Kontakt-Polymeren, was zu einer Exposition der Konsumenten gegenüber den Nanomaterialien in Lebensmitteln führen könnte. Es stellt sich demnach die Frage, ob die eingebauten Nanomaterialien aus Lebensmittel-Kontakt-Polymeren freigesetzt werden können. Störmer et al. (2017) untersuchten dazu zwanzig Studien. Nanosilber das am meisten untersuchte Nanomaterial. An angeschnittenen Rändern des Verpackungsmaterials könnten Nanopartikel wegen der schwachen Bindung an die Matrix freigesetzt werden. Nanopartikel, die vollständig in die Polymermatrix eingeschlossen sind hätten kein Potential in das Lebensmittel zu migrieren. Folglich seien die Konsumenten dann nicht gegenüber Nanopartikeln in Kontaktpolymeren exponiert, wenn diese vollständig ins Polymer eingebettet sind und an der Kontaktoberfläche keine mechanischen Veränderungen während der Anwendung erfolgen würden. Die Hersteller müssten folglich sicherstellen, dass die Nanopartikel stets vollständig in der Matrix inkorporiert bleiben.

Januar 2017

In einem Reviewartikel über Nanopartikel in Futtermitteln berichten Gangadoo et al. (2016) bezüglich der Fortschritte und Aussichten in der Geflügelforschung. Dabei heben sie drei Schwerpunkte hervor: (1) Nanopartikel offerieren eine schnelle und direkte Abgabe von neuen und massgeschneiderten Futtermittelkomponenten zur Verbesserung der Gesundheit von Geflügel, (2) Die Ernährung von Geflügel unter Anwendung von Nanomaterialien verändert das Verständnis der Geflügelgesundheit in der Geflügelindustrie, (3) Die Abgabe von essentiellen Nährstoffen mittels Nanopartikeln zeige versprechende Aussichten in der Geflügelforschung. Nanopartikel könnten zu Futtermitteln zugegeben werden, um für Impfstoffe oder für Nahrungszusätze auf Grund des grossen Oberfläche-Volumen-Verhältnisses der Nanopartikel einen hohen Grad an Absorption im Körper des Geflügels zu erreichen. Silberpartikel seien aktuell die häufigsten Nanopartikel, welche für den Einsatz in Geflügel-Futtermitteln untersucht würden. Allerdings würden die Resultate dadurch gemildert, weil eine hohe Toxizität von Silber Nanopartikeln in Vögeln ermittelt würde. Dies wirft die Frage auf, ob nicht nach anderen, metallischen Nanopartikeln gesucht werden müsste, die eher eine sichere und nicht-toxische Abgabe in Futtermitteln anbieten.

Oktober 2016

Wegen der antimikrobiellen und insektiziden Eigenschaften von Silbernanopartikeln kommt es zu einem zunehmenden Einsatz dieser Nanopartikel als Pestizide bei Früchten und Gemüsen. Die verbleibenden Silbernanopartikel in geernteten Produkten können in die Lebensmittelkette gelangen und ein potentielles Risiko für die Konsumenten darstellen. Zhang et al. (2016) weisen darauf hin, dass aktuell in den USA ungefähr 110 Silbernanopartikel-haltige Produkte als Pestizide registriert seien und die globale Produktion von Silbernanopartikeln bei 500 Tonnen pro Jahr liege, wobei eine signifikante Zunahme der Produktionsmengen in Zukunft zu erwarten seien. Die Autoren evaluierten die Entfernung von Silbernanopartikeln auf Spinatblättern beim Waschen nach der Ernte. Die Studie weist darauf hin, dass die aktuelle Waschmethode bei Frischprodukten nicht hinreichend effektiv sein könnte, um die Silbernanopartikel zu reduzieren. Es sei nötig, so die Autoren, dass in Zukunft eine effizientere Waschmethode für die Entfernung von Nanopartikeln von der Oberfläche der Lebensmittelprodukte entwickelt werde.

Juni 2016

Laut der NGO Friends of the Earth (FoE) finden sich im Bereich von Babyprodukten Nanomaterialien in Hautpflegemitteln, Sonnencremen, Lebensmittelbehältern, Schnullern, Beissringen, Bettdecken, Spielzeugen, Kuscheltieren, Schoppenflaschen, Zahnbürsten, Kinderwagen, Latzhosen oder Leibchen. Kürzlich liess FoE - mit Auftrag an die Arizona State University - erstmals den Gebrauch von synthetischen Nanomaterialien in Babynahrung untersuchen. Es handelte sich um sechs Produkte, die USA-weit verkauft werden. Es wurde gefunden, dass alle sechs Babynahrungsprodukte nanoskalige Strukturen und Partikel enthielten. Es handelte sich um: Nano-Hydroxyapatit, Nano-Titandioxid und Nano-Siliziumdioxid.                          Nano-Hydroxyapatit (ein Calcium-haltiges Mineral) wurde sowohl in nadelähnlicher wie auch in nicht-nadelähnlicher Form gefunden. Die Nanomaterialien geben beim heutigen Stand des Wissens Anlass zu Bedenken. Der Bericht von Friends of the Earth bezieht sich sodann auf die Begutachtung von Nano-Hydroxyapatit durch das wissenschaftliche Komitee für Konsumentensicherheit der EU-Kommission (Scientific Committee on Consumer Safety (SCCS)). Das Komitee zog folgende Schlussfolgerungen: “Verfügbare Information weist darauf hin, dass Nano-Hydroxyapatit in nadelförmiger Form Befürchtungen bezüglich einer potentiellen Toxizität hat. Deshalb sollte nadelförmiges Nano-Hydroxyapatit nicht in kosmetischen Produkten gebraucht werden.“ [Übersetzung: SAG]). Diese Bedenken zu einer potentiellen Toxizität in Kosmetika, sind, so Friends of the Earth, bei Babynahrung noch viel strenger zu beachten.

Juni 2016

Die bi-nationale Behörde Food Standards Australia and New Zealand (FSANZ) hat zwei Berichte zur Sicherheit von Nanopartikeln in Lebensmitteln publiziert. Der eine Bericht behandelt Nanopartikel als Lebensmittelzusätze, der andere, Nanopartikel in Lebensmittelverpackungen. Beide Berichte beruhen auf eingehender Durchsicht der wissenschaftlichen Literatur und relevanter Patente. Das Fazit: Es gibt wenig zu befürchten vor den gebräuchlichsten Nanopartikeln in Lebensmitteln (Siliziumdioxid, Titandioxid und Silber). Allerdings wird in mehreren Fällen darauf verwiesen, dass die Risikofreiheit der Nanomaterialien noch nicht abschliessend geklärt ist. Dazu ein Beispiel: In anfälligen Personen (z.B. mit der Crohn-Krankheit) könnten Nanopartikel, so FSANZ, zu Verschlimmerungen der Darmentzündung führen. Ein eindeutiger Zusammenhang sei nicht bestätigt und es brauche weitere Forschung.

April 2016

Die Anwendung von Liposomen als Träger für die Abgabe von Lebensmittelkomponenten gilt heute als eine innovative Technologie. Ein Liposom ist ein Bläschen, das eine wässrige Phase einschliesst und dessen Membranhülle aus einer Doppelschicht von Molekülen besteht. Nanoliposomen sollen als Trägersystem für die Abgabe von biologisch aktiven Komponenten verwendet werden. Khanniri et al. (2016) geben eine Übersicht zur Applikation von (Nano)Liposomen in Lebensmittelprodukten und –prozessen (wie die Käsereifung) sowie zu Liposomen enkapsidierten Mikronährstoffen (wie Eisen) in Milch (Artikel auf Englisch; nur Abstract frei verfügbar). Die Autoren stellen fest, dass bisher die Liposomentechnologie nur begrenzt angewendet wird, aber von Forschern als beachtliches Potential eingeschätzt werden.

Siehe dazu beispielsweise auch:

Die Europäische Lebensmittelbehörde hat ein wissenschaftliches Netzwerk etabliert, um Risikobeurteilungen der Nanotechnologien bei Lebensmitteln und Futtermitteln zu fördern. Anfang 2016 wurde der Jahresbericht zur Risikobeurteilung der Nanotechnologie bei Lebensmittel und Futtermittel für das Jahr 2015 publiziert.

März 2016

Ein Ausschuss der EFSA (Europäische Lebensmittelbehörde) befasste sich mit der Sicherheit von Nano-Zinkoxid für Anwendungen in Lebensmittelkontaktmaterialien. Nano-ZnO wird in Kontaktmaterialien mit bis zu 2 Gewichtsprozenten in Polymere dispergiert und behält dabei die nanopartikuläre Grösse. Der Ausschuss kommt zum Schluss, dass die Partikel nicht in Nanoform aus den Kontaktmaterialien migrieren, sondern als ionisches Zink (Zn+). Es sei möglich, dass in Kombination mit Expositionen aus anderen Quellen die empfohlene obere Schwelle von 25 Milligramm pro Person per Tag überschritten werden könnte.

Februar 2016

„Die Lebensmittelbehörde der Europäischen Union (EFSA) hat eine Bestandsaufnahme über Nanomaterialien in Lebens- und Futtermitteln durchgeführt. Die erstellte Datenbank enthält 633 Einträge und listet 55 verschiedene Nanomaterialien aus 12 unterschiedlichen Anwendungsbereichen auf. Am häufigsten werden Nanomaterialien im Lebensmittelbereich für Verpackungsmaterialien verwendet, zum Beispiel Nanosilber oder Nano-Zinkoxid aufgrund ihrer antimikrobiellen Wirkung, Nano-Titandioxid (TiO2) als UV-Schutz oder Nano-SiO2 als Gasabgrenzung in Oberflächenbeschichtungen von Verpackungen. Aber auch in Nahrungsergänzungsmitteln finden sich Nanomineralien, wie Calcium und Magnesium sowie Nanosilber oder nanopartikuläres Selen. Bei Futtermitteln werden bisher kaum Nanomaterialien eingesetzt. Lediglich in Vitaminmischungen für die Geflügel- und Viehzucht fanden die ForscherInnen die mikroskopischen Stoffe. Für die Zukunft sei jedoch zu erwarten, dass vor allem Anwendungen von organischen Verkapselungs- und Trägersystemen für Vitamine und Nährstoffe sowie zur Einkapselung von Pestiziden und Düngemitteln zunehmen werden. Weitere absehbare Anwendungsbereiche sind etwa Absorptionsmittel in Nanogrösse in Futtermitteln zur Entfernung von Krankheitserregern und Schimmelpilzgiften.“ Zitiert aus: EU-Koordination des Deutschen Naturschutzrings (DNR): Nanomaterialien in Lebensmitteln weit verbreitet

Die EFSA hat eine Studie publiziert, welche ein Inventar zu laufenden und potentiell zukünftigen Anwendungen der Nanotechnologie in den Bereichen Lebensmittel, Futtermittel und Landwirtschaft diskutiert. Es werden auch Regulierungsfragen und Risikoaspekte dargelegt.

 


Rechtliche Grundlagen zu Lebensmitteln

Die Rechtssetzung in der EU zum Umgang mit Nanomaterialien im Bereich Lebensmittel hat eine beachtliche Dynamik erreicht. Die Schweiz sollte die regulatorischen Entwicklungen in der EU inhaltlich nah und zeitgleich nachvollziehen.

Das Parlament hatte am 20. Juni 2014 ein neues Lebensmittelgesetz verabschiedet. Damit musste das Verordnungsrecht grundlegend überarbeitet werden. Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) schickte die neuen Verordnungen in die Anhörung. Die Vernehmlassungsfrist dauerte bis Ende Oktober 2015. Das gesamte Paket umfasst vier Verordnungen des Bundesrates, 22 Verordnungen des EDI sowie eine Verordnung des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Das neue Verordnungsrecht tritt voraussichtlich im ersten Halbjahr 2016 in Kraft.

 


Weitere Informationen

Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV: Laufende Vernehmlassungen und Anhörungen. Eröffnung des Anhörungsverfahrens zur Revision der Verordnungen des Lebensmittelrechts

Die SAG hat eine Übersicht über die Regulierungen von Nanomaterialien in der revidierten Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung erstellt.

 

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